Ladies and Gentlemen: Das fragile feministische Wir

Shirin Neshat, „ohne Titel (aus der Serie "Women of Allah")“, 1996, Silbergelatine und Tinte, 166 x 122 cm, Neue Galerie Graz, Foto: Universalmuseum Joanneum/N. Lackner

15.10.2021 – 30.10.2022.

Feministische Kunst im Lichte multipler Geschlechteridentitäten.

Andy Warhol musste also wieder einmal herhalten: „Ladies and Gentlemen – Das fragile feministische Wir“ lautet der Titel der Ausstellung in der Neuen Galerie Graz, die sich mit Geschlechterrollen und feministischer Kunst im Lichte multipler sozialer und biologischer Geschlechteridentitäten auseinandersetzt. Der Titel der Ausstellung ist von Warhols 10-teiliger Portraitserie „Ladies and Gentlemen“ entliehen, in der er Drag Queens wie Wilhelmina Ross portraitiert, während sie gerade in die Rollen von Frauen wie zum Beispiel Josephine Baker schlüpfen.

Gudrun Danzer, die die Ausstellung gemeinsam mit Günther Holler-Schuster kuratiert, lacht bei der Frage, warum der Titel für diese Ausstellung ausgerechnet von einem männlichen Künstler entliehen wird, kurz auf: „Darum geht es uns ja gerade. Wir wollen aus dem Feminismusdiskurs niemanden ausschließen. Egal welche Geschlechteridentität die Person hat“, sagt sie. Danzer und Holler-Schuster öffnen mit diesem Ansatz Raum für einen Aspekt der Feminismusdebatte, die bislang noch kaum geführt wurde. Denn unter der dünnen Haut unserer vordergründigen Genderidentität, können immer noch weitere Identitäten zum Vorschein treten. Das macht auch eine Fotoserie von Nicole Tran Ba Vang sichtbar, die gleichzeitig auch die medial konventionalisierten weiblichen Schönheitsideale in einen künstlichen Schutzanzug verwandelt, der nur all zu leicht verletzbar ist.

Mit den von einer patriarchalischen Gesellschaft zugewiesenen weiblichen Geschlechternormen beschäftigten sich die aus dem Iran stammenden Regisseurin, Filmemacherin und Fotografin Shirin Neshat. Sie setzt sich in ihren Arbeiten intensiv mit der Lage der Frauen in der muslimischen Welt auseinander. Als Filmemacherin wurde sie für ihren Film „Women Without Men“ bei den Filmfestspielen in Venedig mit dem Regiepreis ausgezeichnet. In ihrer Fotoserie „Women of Allah“ untersucht Neshat die herausfordernde Situation in der sich Frauen heute in den muslimisch dominierten Ländern befinden. Shirin Neshat spürt in diesen Arbeiten der komplexen und oft tragisch-paradoxen Realität nach, in der sich Frauen in diesen Gesellschaften heute befinden: Während Frauen unter der Burka zu verschwinden haben, lässt Neshat die Söhne dieser Frauen vollkommen nackt dastehen.

Den Verhüllungszwang und die zahlreichen gesellschaftlichen Verbote für Frauen in fundamentalistischen Gesellschaften geißelt die ebenfalls aus dem Iran stammende junge Künstlerin Soli Kiani in radikaler Kompromisslosigkeit, indem sie sich für ihre Fotoserie „Breathe“ an Stelle der Burka einfach einen schwarzen Plastikmüllsack überstülpt. Ihre Arbeiten kommentiert Soli Kiani auf die knappest denkbare Weise: „Ich habe nichts zu sagen. Nur zu zeigen.“

Ladies and Gentlemen – Das fragile feministische Wir
15.10.2021 – 30.10.2022
Neue Galerie Graz
Joanneumviertel
8010 Graz
www.neuegaleriegraz.at