In Salzburg rollt der Architekturzug.
Im Salzburger Bahnhofsviertel sind in jüngerer Zeit eine Reihe international beachtlicher Architekturprojekte umgesetzt worden. Auch um architektonische Wunden der Nachkriegszeit zu heilen: Ein architektonischer Streifzug.
Im Zweiten Weltkrieg wurden weite Teile des Areals rund um den Salzburger Hauptbahnhof zerstört. In der Wohnungsnot der Nachkriegsjahre wurden in diesem Gebiet rasch und günstig zahlreiche Wohnbauten errichtet.
Fragen der Stadtraumgestaltung und Stadtentwicklung hatten vor dem Hintergrund der dringend zu lösenden grundlegenden Probleme nur untergeordnete Bedeutung. Entsprechend „charmebefreit“ präsentierten sich manche Ecken dieses Viertels danach auch. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich dieses Bild aber grundlegend gewandelt. Die Dynamik für diesen Neugestaltungsprozess ist von der Bahn ausgegangen.
Einen ersten Schub bekam die Entwicklung Ende der 80er Jahre durch einen internationalen Architekturwettbewerb zur Neugestaltung des gesamten Bahnhofsviertels, den das Architekturbüro Schürmann gewonnen hat und der zu einer grundlegenden Neuordnung der Funktionen des weitläufigen Areals geführt hat. Als „visueller Filter“ zu den angrenzenden Nachkriegsbauten im Westen wurde ein in strengen Reihen gesetzter Buchenhain gepflanzt. Die Bahnsteige des eleganten von Joachim Schürmann entworfenen Lokalbahnhofes wurden unterirdisch gelegt, um Freiraum für die Platzgestaltung zu schaffen.
Der Hauptbahnhof selbst wurde erst vor wenigen Jahren vollkommen erneuert. Das Architekturbüro kadawittfeldarchitektur wurde mit der Gestaltung beauftragt und hat eine einzigartige Verbindung zwischen dem historischen Bestand mit seiner Jugendstil-Empfangshalle aus dem Jahr 1909 und den Anforderungen einer modernen Verkehrsinfrastruktur entworfen.
Durch die neu geschaffene Passage als zentrales Erschließungselement wurde auch eine barrierefreie Anbindung an den Stadtteil Schallmoos hergestellt. Die markanten, den Gleisen folgenden geschwungenen Bahnsteigdächer passen sich gleichzeitig behutsam dem historischen Bestand an und bilden gemeinsam eine geschlossene Dachfläche über den Gleisen.
Der Zugang auf der Schallmoser Seite des Salzburger Hauptbahnhofes verleiht diesem Stadtteil ein grundlegend neues Gesicht. Ein 120 Meter langes und bis zu 25 Meter breites parabolisch geschwungenes Dach erzeugt einen selbstbewusst markierten öffentlichen Raum, der auch die umliegenden Gebäude in einen völlig neuen Zusammenhang stellt. Das nach allen Seiten offene Dachbauwerk verortet damit den attraktiven Verbindungspunkt zwischen den vom Gleiskörper getrennten Stadtteilen. Aber nicht nur das Salzburger Bahnhofsviertel hat in jüngerer Zeit eine Aufwertung erfahren.
Auch im Südwesten der Stadt sind in den letzten Jahren eine Reihe beachtenswerter Architekturprojekte realisiert worden: Wie zum Beispiel die Revitalisierung und Neugestaltung der „Panzerhalle“ im Gelände der ehemaligen Struberkaserne im Stadtteil Maxglan.
Heute sind in dem Backsteinbau Coworking-Spaces, Veranstaltungshallen und auch eine Markthalle mit Feinkost- und Gastronomieangebot untergebracht, die die Keimzelle für die Entwicklung einer kreativen Szene in diesem Viertel bilden. Das Gestaltungskonzept das von den Architekturbüros LP architektur, hobby a. schuster & maul, cs-architektur & strobl architekten stammt, wurde mit dem Anerkennungspreis des Salzburger Architekturpreises 2016 ausgezeichnet.
Die unmittelbar an das Gelände der Panzerhalle anschließenden Wohnbauten des „Freiraum Maxglan“ machen das Areal zu einem hochattraktiven Wohn- und Arbeitsort. kadawittfeldarchitektur und Schwarzenbacher Struber Architekten haben in dem neuen Quartier einen Lebensraum mit überschaubaren Nachbarschaften geschaffen.
Die Baukörper wurden in Gruppen zusammengefasst, zwischen denen Freiräume für öffentliche und private Grünräume, Gärten, Parkanlagen und Terrassen situiert sind. Im Wohnquartier befinden sich ein städtischer Kindergarten und ein Lebensmittelmarkt in fußläufiger Entfernung für die Bewohner. Die Raumgestaltung der autofreien Wohnanlage wird ergänzt durch ein nachhaltiges Mobilitätskonzept mit Car-Sharing Stationen, E-Bikes, eine Anbindung an das überregionale Radwegenetz und den öffentlichen Personen-Nahverkehr.
Die „initiative architektur salzburg“ bietet gegen Voranmeldung Architekturführungen zu unterschiedlichen Architekturthemen in Salzburg an, bei denen man nicht nur das Bahnhofsviertel oder Quartier „Freiraum Maxglan“ sondern auch den in jüngerer Zeit ebenfalls grundlegend modernisierten Stadtteil Lehen und das Salzburger Stadtzentrum selbst aus dem Blickwinkel aktueller Architektur kennenlernen kann.
Bei zahlreichen der in Salzburg zu entdeckenden Architekturobjekte wurden auch aktuelle Kunst am Bau Projekte realisiert. Der Online-Architekturführer „archtour-stadt-salzburg.at“ bietet sowohl zu aktuellen Bauten als auch zu Kunst am Bau Tourenvorschläge zum Selbstentdecken.
Nix Barock
Various locations
Salzburg
www.archtour-stadt-salzburg.at