Welt.Stadt.Altstadt

15.09. – 17.09.2017
Literatur erklärt Stadt

Sightseeing mal anders: Ein literarischer Streifzug blickt hinter die bekannten Kulissen der Mozartstadt. Mit Orts- und Lesetipps von der Theatermacherin und Schauspielerin Dorit Ehlers.

Salzburg ist berühmt für seine wunderschöne Altstadt, Mozart und die Salzburger Festspiele. Doch abseits ausgetretener Touristenpfade gibt es noch Vieles zu entdecken. Wir spüren den Geschichten und soziokulturellen Besonderheiten einzelner Stadtteile nach und verorten diese mithilfe der Literatur. Dorit Ehlers von der Theatergruppe „ohnetitel“, gemeinsam mit Arthur Zgubic für die künstlerische Leitung des Projekts „Welt.Stadt“ zuständig, verrät uns sehenswerte Orte und die passende Lektüre, um Fremdes im Bekannten aufzuspüren.

SCHALLMOOS
Der erste Halt führt in den Stadtteil Schaalmoos, genauer gesagt in den neu renovierten Hauptbahnhof. Auf den ersten Blick lassen sich an diesem Viertel keine besonderen Eigenschaften erkennen. Ein architektonisches Allerlei erwartet den Besucher – 60er-Jahre Waschbetoncharme trifft auf repräsentative Gründerzeitarchitektur. Doch gerade diese Beliebigkeit lässt hier ein Biotop unterschiedlicher Kulturen entstehen. Ebenso wie der Bahnhof ein Ort des Ankommens ist, gilt es auch für Schallmoos. Idealer literarischer Begleiter, um die Atmosphäre dieses Ortes einzufangen, sind Beispiele der Nachkriegs- und Exilliteratur wie Elfriede Gerstls Gedichtband „Vor der Ankunft“. (Salzburger Hauptbahnhof, Zugang Schallmoos; Literaturtipp: Elfriede Gerstl „Vor der Ankunft“, Edition Freibord)

LEHEN
Vom Bahnhof geht es weiter zur Panoramabar in der Stadtbibliothek Salzburg. Hier hat man einen großartigen Blick über die ganze Stadt und ist am richtigen Ort, um sich einen Überblick über Salzburg zu verschaffen. Der Stadtteil Lehen ist geprägt von Parallelgesellschaften und lädt ein zum Niederlassen. Straßennamen zeugen noch heute von den vertriebenen Volksdeutschen aus Osteuropa, die sich hier ansiedelten. Aber auch aus Ex-Jugoslawien oder der Türkei fanden viele Menschen hier eine neue „Heimat“. Der Zwiespalt der 2. Generation, die sich weder in der einen noch der anderen Kultur zu Hause fühlt, spiegelt auch Anna Kims Roman „Die Bilderspur“ wider. (Panoramabar, Schumacherstraße 14; Literaturtipp: Anna Kim „Die Bildersturm“, Droschl)

MAXGLAN
Im Stadtteil Maxglan wird es Zeit für einen kulinarischen Zwischenstopp in der Köchlerei. Kochen wie zu Großmutterszeiten ist hier Programm. Damit tauchen wir in einen Bezirk ein, der von alteingesessenen Handwerks- und Familienbetrieben geprägt ist. Architektonisch passiert man viele Einfamilienhäusern mit Garten. Ein Ort also, an dem Familiengeschichten groß geschrieben werden. Als Lesetipp empfiehlt sich Arno Geigers Familienroman „Es geht uns gut“, in dem das Leben einer bürgerlichen Familie über drei Generationen hinweg aufgerollt wird. (Köchlerei, Sebastian-Stöllner-Straße 1; Literaturtipp: Arno Geiger „Es geht uns gut“, Hanser)

NONNTAL
Der nächste Stopp ist ein scheinbar gewöhnliches Wohnhaus, das Brunnhaus im Stadtteil Nonntal. Dieses hat einen tiefen Kellerschacht, durch den der Almkanal fließt, der ein Wasserpumpwerk antreibt, das noch heute das Haus mit Strom versorgt. Im Nonntal begegnet uns das gehobene Bürgertum, hier siedeln jene, die sich etabliert haben. Doch dort, wo sich die Wohlhabenden ansiedeln, trifft man auch auf Dienstgewerbe – die Klassengesellschaft lässt grüßen. Kate Tempest liefert uns in ihrem Debütroman „Worauf du dich verlassen kannst“ eine Milieuschilderung, die als Kontrast zum scheinbar sorgenfreien Leben der Reichen von drei Londonern Mitte zwanzig ohne geregelte Arbeit aber mit (Drogen)Problemen und Zukunftsängsten erzählt. (Brunnhaus, Brunnhausgasse 5; Literaturtipp: Kate Tempest „Worauf du dich verlassen kannst“, Rowohlt)

ALTSTADT
Das Ende dieser literarischen Stadttour markiert die Salzburger Altstadt. Abseits der bekannten Sehenswürdigkeiten versteckt sich hier im Garten der Franziskaner Salzburg eine kleine Oase, die nur für besondere Gelegenheiten und zu Zeiten der Obdachlosenküche geöffnet ist. Die Altstadt zieht jährlich Millionen von Touristen wegen seiner repräsentativen Bauten, Museen, Geschäften und Hotels an. Verhältnismäßig siedeln hier nur mehr wenige Salzburger, dafür gibt es umso mehr Durchreisende. Allen Weltreisenden sei das Buch „69 Hotelzimmer“ von Michael Glawogger, das Episoden aus den verschiedensten Hotels rund um den Globus erzählt, ans Herz gelegt. (Franziskaner Salzburg, Franziskanergasse 5; Literaturtipp: Michael Glawogger „69 Hotelzimmer“, Die andere Bibliothek)

In der Altstadt endet dieser Streifzug durch die Salzburger Stadtteile; dort wo auch das Projekt „Welt.Stadt“ im September 2017 seinen Abschluss finden wird. Dorit Ehlers und Christian Sattlecker führen zum fünften Mal an (oftmals verborgene) öffentliche Plätze und lesen aus literarischen Texten vor. „So kann jeweils ein Stadtteil ganz neu erfahren werden, sowohl durch die konkrete Begehung als auch durch die Verfremdung durch die gelesenen Texte“, erklärt Dorit Ehlers.

Welt.Stadt.Altstadt 2017
15.09.2017, 18.00 / 16.09.2017, 11.00 & 18.00 / 17.09.2017, 11.00
Literarischer Streifzug:
Salzburger Hauptbahnhof
Zugang Schallmoos
Literaturtipp: Elfriede Gerstl „Vor der Ankunft“ (Edition Freibord)
Panoramabar
Schumacherstraße 14
5020 Salzburg
Literaturtipp: Anna Kim „Die Bilderspur“ (Droschl)
Köchlerei
Sebastian-Stöllner-Straße 1
5020 Salzburg
Literaturtipp: Arno Geiger „Es geht uns gut“ (Hanser)
www.koechlerei.at
Brunnhaus
Brunnhausgasse 5
5020 Salzburg
Literaturtipp: Kate Tempest „Worauf du dich verlassen kannst“ (Rowohlt)
Franziskaner Salzburg
Franziskanergasse 5, 5020 Salzburg
Literaturtipp: Michael Glawogger „69 Hotelzimmer“ (Die andere Bibliothek)
www.franziskaner-salzburg.at

www.ohnetitel.at
www.leselampe-salz.at
www.initiativearchitektur.at