Freischwimmer im Kunstbetrieb

Wasser auf die Programmmühlen: Die europäische Achse entlang der Donau rückt in Linz in den Mittelpunkt großangelegter Kulturprojekte.

2017
In Linz an der Donau gehen Kunst und Kultur absichtlich den Bach hinunter. Ziemlich erfolgreich.

Das nennt man nachhaltige Wirkung eines Kulturhauptstadtjahres! Die bunten Badeentchen, die je nach Wassertemperatur ihre Farbe wechseln, waren schon im Kulturhauptstadtjahr Linz 2009 ein Topseller. Und sie sind auch heute noch so beliebt, dass sie im Tourismusinformationsbüro der Stadt direkt auf dem Tresen angeboten werden. Das sind aber nicht die einzigen erfreulichen Nachwirkungen von Linz 2009.

Die cleveren Linzer Kulturmanager haben es auch geschickt verstanden, die Kontakte, die sie während des Kulturhauptstadtjahres im Kulturbereich zur Bundesebene und international aufgebaut haben, in den Folgejahren erfolgreich zu nutzen. Und sie haben gelernt, wie man professionell Kulturgroßprojekte auch über die Grenzen starker und selbstbewusster Einzelinstitutionen hinweg gemeinsam umsetzt, ohne dass dabei Sand ins Getriebe kommt. Davon können beispielsweise die Wiener Bundesmuseen – trotz jüngst präsentiertem Weißbuch – bisher nur träumen.

Walter Putschögl, früher Geschäftsführer von Linz09 und heute kaufmännischer Direktor des Oberösterreichischen Landesmuseums und Martin Sturm, langjähriger Leiter des OK-Centrums und des OÖ Kulturquartiers verstehen es immer wieder klug, neue Projekte von internationaler Dimension einzufädeln und dabei auch die Bundesebene ein bisschen für sich arbeiten zu lassen. Jüngstes Beispiel ist die vor Kurzem präsentierte „Kulturplattform Donauraum – Kreative Orte des 21. Jahrhunderts.“ Unter der Projektleitung des Bundeskanzleramtes und ziemlich ordentlich mit EU-Mitteln dotiert, wurde eine Kulturplattform aus 14 Ländern entlang der Donauanrainerstaaten geschmiedet. Wenig überraschend hat sich Linz recht erfolgreich im Zentrum dieses Projektes positioniert.

Gerda Riedler, künstlerische Direktorin der Oberösterreichischen Landesmuseen:
„Allein können wir schwer überregionales Publikum nach Linz ziehen. Deswegen sind Initiativen, um gemeinsam Projekte zu entwickeln, für uns ganz wichtig und positiv.“

Die Donau steht auch im Mittelpunkt eines wichtigen Gemeinschaftsprojektes der großen Linzer Kunsteinrichtungen im kommenden Jahr: „Für 2018 laufen bereits intensive Vorbereitungen für ein gemeinsames Projekt mit dem Arbeitsthema ‚Donau Art‘ bei dem OK-Centrum, Lentos und die Landesgalerie bespielt werden. Im Mittelpunkt stehen Fragen nach der Auseinandersetzung mit Grenzen, mit dem Fluss oder gegen den Fluss schwimmen. Das Gesamtprojekt wird von Elisabeth Schweeger, die extern zugezogen wurde, kuratiert. Das ist ein Beispiel dafür, wo wir unter einem Generalthema zusammenarbeiten, bei dem in den einzelnen Teilen aber natürlich darauf geachtet wird, welches Einzelprojekt passt dazu in welches Haus. Und auf welche Expertise und welche Kompetenz kann man dazu in den einzelnen Häusern zurückgreifen“, sagt Gerda Ridler, künstlerische Direktorin des Oberösterreichischen Landesmuseums.

Während die bisherige Lentos Direktorin Stella Rollig donauabwärts nach Wien ans Belvedere weitergezogen ist, beginnt sich ihre Nachfolgerin Hemma Schmutz gerade mit den Verhältnissen in Linz vertraut zu machen und zeigt sich offen für weitere gemeinsame Projekte mit OK und Landesmuseum. „Wenn es eine produktive Zusammenarbeitsform gibt, ist das für mich sicher ein Thema. Und ich glaube, dass für Kollaborationen die Bedingungen in Linz sehr gut sind“, sagt Hemma Schmutz.

Hemma Schmutz, neue Leiterin des Lentos Kunstmuseums:
„Ein Museum soll seine Kernaufgaben erfüllen können: Erwerben, erforschen, bewahren, ausstellen und bekannt machen.“

Die neue Lentosdirektorin hat viel Arbeit vor sich. Durch die sehr kurzfristig erfolgte Nachbesetzung von Stella Rollig bleibt ihr wenig Zeit für die Vorbereitung der ersten von ihr zu verantwortenden Saison. Gerade deshalb wirft sie auch einen genauen Blick auf die jeweiligen Stärken der anderen Kunstinstitutionen in Linz. „Das OK-Centrum hat zum Beispiel eine lange und sehr spannende Geschichte als offenes Kulturhaus, die sehr stark geprägt wurde von den Arbeiten produzierender Künstler direkt vor Ort. Es bietet als Produktionsort spannende Möglichkeiten. Und das ist etwas ganz besonderes, das in vielen vielen anderen Häusern nicht der Fall ist. Das OK-Centrum macht nun seit Jahrzehnten ein sehr spannendes zeitgenössisches Programm. Das war auch möglich, weil nicht unmittelbar Publikumsdruck erzeugt wurde.

Hemma Schmutz will ihr Programm jedenfalls auf den spezifischen Stärken des Lentos aufbauen. Von der Politik hat sie dafür bei ihrer Bestellung nur einen relativ breit gefassten Auftrag mitgegeben bekommen. „Der Politik ist es wichtig, dass das Haus auf einem hohen künstlerischen Niveau geführt wird. Dass man sich aber gleichzeitig auch bewusst sein sollte, dass es nicht nur ein elitäres kleines Publikum anzusprechen gilt. Eine bestimmte Breitenwirkung soll also schon auch erreicht werden.“ Als Auftrag, sich deshalb auf große Namen aus den Kunstverkaufsrankings zu konzentrieren, sieht Schmutz das jedenfalls nicht: „Ich denke, es gibt sehr viele gute und interessante Künstlerinnen und Künstler in Österreich. Rankings werden vorgenommen. Sie treffen eine Aussage über Präsenz und erzielte Preise. Aber ich halte es für eine vollkommen falsche Strategie, wenn in einem Land nur noch die drei teuersten Künstlerinnen und Künstler aus den Rankings abwechselnd in allen Institutionen gezeigt werden. Gegen so eine Entwicklung verwehre ich mich.“

Über die eigenen Grenzen hinaus: „Bauhaus – Beziehungen Oberösterreich“ in der Landesgalerie
INFO

Lentos Kunstmuseum
Programm
www.lentos.at

ARNULF RAINER
Neue Arbeiten auf Papier
Bis 30. 7. 2017

PSYCHO DRAWING
Art brut und die ́60er und ́70er in Österreich
Bis 11. 6. 2017

MARKO LULIĆ
Futurology
30. 6. - 10. 9. 2017

TIME ́S UP
Bis 22. 10. 2017

STERNE
Kosmische Kunst von 1900 bis heute
29. 9. 2017 - 14. 1. 2018

VALIE EXPORT Archiv
10. 11. 2017 - 4. 2. 2018

DIE SAMMLUNG
Klassiker, Entdeckungen und neue Positionen
Sammlungspräsentation / Dauerausstellung

Zu schade für die Lade
Entdeckungen aus dem Grafikdepot
Dauerausstellung



Landesgalerie Linz
Programm
www.landesmuseum.at

Bauhaus – Beziehungen Oberösterreich
18.5. – 27.8. 2017

Herbert Bayer – Sepp Maltan: Italienische Reise
18.5. – 27.8. 2017

Linzer Kunstsalon und Designsalon
16.9. – 17.9. 2017

Spielraum. Kunst die sich verändern lässt
5.10. 2017 – 14.1. 2018

Tipp:
Ausführliche Interviews mit Hemma Schmutz und Gerda Ridler gibt es auf unserer Homepage:
www.creativeaustria.at